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Barrierefrei wählen

Barrierefreiheit

Sonntag ist Wahltag in Niederösterreich. Wie wählen blinde und sehbehinderte Personen und welche Barrieren gibt es?

Am Sonntag wird in Niederösterreich gewählt. Doch wie wählen eigentlich blinde und sehbehinderte Menschen? Und was bedeutet Barrierefreiheit in Hinblick auf das Wahlrecht? Wir geben einen Überblick.

Wie wählen blinde und sehbehinderte Menschen?

Um auf eventuelle Barrieren aufmerksam zu werden, muss man zunächst verstehen, wie blinde und sehbehinderte Menschen eigentlich wählen. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, die je nach Präferenz und Grad der Sehbehinderung genutzt werden.

Begleitperson

Personen mit Sinneseinschränkungen ist es gestattet eine Begleitperson mitzunehmen. Das ist für viele auch die bevorzugte Variante, was eine kleine Umfrage bei unseren niederösterreichischen Mitgliedern ergeben hat. Man darf die Person, meist Angehörige oder Partner:innen, nach vorzeigen des Behindertenpasses mit in die Wahlkabine nehmen und die Person unterstützt beim Finden des gewünschten Kästchens, das man ankreuzen möchte.

Wahlschablone

Für eine selbstständige Wahl gibt es für blinde und sehbehinderte Personen in Österreich außerdem bei jeder Wahl sogennante Wahlschablonen. Das ist ein dickeres Papier mit Ausstanzungen dort, wo sich die Kästchen der zur Wahl stehenden Personen befinden. Die Schablone legt man dann über den Wahlzettel und tastet sich den Ausstanzungen entlang, um an gewünschter Stelle sein Kreuzerl zu machen. Wie man weiß, was draufsteht? Manche holen sich die Wahlschablonen schon vorab im eigenen Magistrat oder Gemeinde und lassen sich von einer Vertrauensperson oder einem Hilfsmittel die Namen / Parteien vorlesen. Am Wahltag sollte die Wahlschablone im Wahllokal aufliegen, wo sich manche auch von den Wahlhelfer:innen nochmal die Namen / Parteien der Reihe nach vorlesen lassen. In der Wahlkabine zählt man dann bis zur gewünschten Person / Partei und setzt dort sein Kreuz.

Hilfsmittel

Um autonom wählen zu können, bringen manche auch ihre liebsten handlichen Hilfsmittel mit. Da gibt es beispielsweise die Orcam Read, eine Art Scanner, nicht größer als ein Stift, mit dem man Text fotografiert und sich dann den ausgewählten Bereich vorlesen lassen kann (zB mit Kopfhörern). Auch die Handleselupe ist ein Hilfsmittel, das man gut in der Tasche verstauen kann und zur individuellen Vergrößerung und Kontrastierung herangezogen werden kann. Wer noch auf der Suche nach dem perfekten Hilfsmittel ist, kann gerne eine Beratung zu den verschiedenen Hilfsmitteln in Anspruch nehmen.

Wo gibt es Barrieren beim Wählen für blinde und sehbehinderte Menschen?

Eine kürzlich veröffentlichte britische Studie von blinden Wähler:innen ergab, dass nur 22 % der Befragten im Jahr 2022 selbstständig und geheim wählen konnten. Fast die Hälfte der Befragten war unzufrieden mit dem Wahlverfahren und 49 % waren nicht in der Lage die zugeschickten Wahlinformationen zu lesen. Bei der Briefwahl gaben 71 % der Befragten an, dass sie Unterstützung von einer anderen Person benötigt haben. In Österreich gibt es zwar die Wahlschablonen, die blinden und sehbehinderten Personen eine Möglichkeit zum autonomen Wählen ermöglichen sollen, wenn diese aber unübersichtlich gestaltet sind, dann benötigen blinde und sehbehinderte Menschen trotzdem eine Begleitperson.

Im Falle der Landtagswahl 2023 in Niederösterreich sind die ausgestanzten Kästchen für die Parteien zwar gut ertastbar und mit 6 Kästchen auch merkbar, bei den Vorzugsstimmen (je Partei sind das nochmal 32-35 ausgestanzte Kästchen) wird es allerdings schwieriger mit der Übersicht. Autonom ohne Begleitperson zu wählen wird hier für blinde und sehbehinderte Menschen zur Herausforderung.

Bauliche und digitale Barrieren

Eine weitere Hürde sind bauliche Barrieren. Noch immer sind nicht alle Wahllokale barrierefrei zugänglich, für Menschen mit Sehbehinderungen sind damit beispielsweise die sichtbaren Streifenmarkierungen auf Glastüren oder die Bodenmarkierungen für bessere Sichtbarkeit von Stufen. Eine Gesetzesnovelle soll hier Verbesserungen bringen, wie beispielsweise Mindestschriftgrößen für Informations-Drucksorten vor der Wahl und bis 2028 alle Gemeinden verpflichten, sämtliche Wahllokale barrierefrei erreichbar zu machen. Mindestens eine Wahlkabine je Wahllokal muss barrierefrei sein. Ein weiterer Aspekt ist der barrierefreie Zugang zu Nachrichten und Wahlinformationen, der gerade bei Onlinezeitungen oft nicht gewährleistet ist, weil die Websites nicht den WCAG-Regeln, also den internationalen Standards für barrierefreies Web entsprechen.

Wie kann barrierefreies Wählen funktionieren?

Dass es die Schablonen gibt, ist für blinde und sehbehinderte Personen schon mal nicht schlecht. Die werden mit der Novelle des Wahlrechtsgesetzes jetzt auch für die Briefwahl gesetzlich verankert. Wenn allerdings auch noch Vorzugsstimmen zu vergeben sind, dann muss man die Wahlschablone mit dem dazugehörigen Wahlzettel entsprechend adaptieren, um Lesbarkeit zu garantieren. Abgesehen von einer Vergrößerung der tastbaren Ausstanzungen könnte man beispielsweise bei Vorzugsstimmen eine Angabe der Listennummer der gewünschten Kandidat:innen anstelle der Kreuzerl-Vergabe in Betracht ziehen. Auch sollten die Gebäude baulich auf dem aktuellsten Stand der Normen für umfassende Barrierefreiheit sein. Gerade was den digitalen Zugang zu barrierefreien Informationen angeht, könnten Onlinemagazine und - zeitungen noch nachrüsten.