Frieda Verständig
Frau Verständig war eine Holocaust-Überlebende. Ihre Begeisterung für Bewegung und Kultur ließ sie sich auch durch zunehmende Sehbeeinträchtigung nicht nehmen. Ihr Erbe vermachte sie sechs gemeinnützigen Organisationen.
„Mein kleiner grüner Kaktus steht draußen am Balkon. Hollari, hollari, hollaro!“
Frau Verständig war eine agile kommunikative Frau, die gerne über ihr bewegtes Leben erzählte: Ihren berühmten Cousin – Bert Reisfeld, der Komponist des bekannten Schlagers „Mein kleiner grüner Kaktus“ – traf sie nur einige Male. Er war um 23 Jahre älter und nach Amerika emigriert, hatte in Hollywood Karriere gemacht. Das beeindruckte sie sehr und sie berichtete gerne über ihre Kindheit und Jugend.
Jugend im Konzentrationslager
Sie wuchs in einfachen Verhältnissen im fünften Wiener Gemeindebezirk auf. Mit dem späteren Künstler Arik Brauer hatte sie im Hof Völkerball gespielt. Ihre Mutter war arischer, der Vater jüdischer Abstammung. Mit 13 Jahren wurde sie mit dem Vater ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Die Mutter verstarb noch vor dem Transport. Frau Verständig erzählte, dass sie Glück hatte, weil sie dem Bereich Ernte zugeteilt wurde. Dadurch war sie viel an der frischen Luft und hatte auch Zugang zu Obst und Gemüse. Bis zur Befreiung 1945 verbrachte sie 2 ½ Jahre im Konzentrationslager. Ihr Vater verstarb dort. Zurück in Wien holte sie die fehlenden Schuljahre nach und besuchte die Handelsschule. Ihr Berufsleben verbrachte sie als kaufmännische Angestellte bei der Stadt Wien.
Gymnastik mit Rollator
Bewegung und Kultur waren wichtige Eckpfeiler im Leben der alleinstehenden kinderlosen Frau. Über 40 Jahre veranstaltete Frau Verständig an der Volkshochschule Gymnastikkurse. Als über 80-jährige und selbst nicht mehr so mobil, turnte sie mit dem Rollator und gab regelmäßig Gymnastikstunden für Seniorinnen. In ihren letzten Lebensjahren war sie stark seheingeschränkt und schwerhörig. Sie verstarb mit 92 Jahren und bedachte sechs gemeinnützige Organisationen mit ihrem Erbe, darunter auch die Hilfsgemeinschaft.
Voller Dankbarkeit denken wir an Frau Verständig und ihre wertvolle Unterstützung für sehbeeinträchtigte und blinde Menschen.