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Muttersein mit Blindheit: Petra Aigner

Persönlichkeiten, Mitglieder

Petra Aigner ist die Mutter der paralympischen Skistars Johannes, Barbara, Veronika und Elisabeth. Wie es ist, eine blinde Mutter zu sein haben wir sie zum Muttertag gefragt.

Liebe Petra Aigner, alles Gute zum Muttertag! Wie ist denn das Leben als Mutter von Parasport-Skistars?

Es ist abwechslungsreich und spannend, aber auch normal. Ich kenne ja kein anderes Leben.

Drei deiner Kinder (Veronika, Barbara und Johannes) haben selbst eine Sehbehinderung, genauso wie du selbst. Gab es herausfordernde Momente für dich als Mutter?

Ich würde sagen, nicht herausfordernder als bei anderen Familien. Natürlich übernimmt mein Mann die Autofahrten und geht einkaufen, aber sonst ist das kein Thema. Als Alleinerziehende muss es aber herausfordernd sein. Ich orientiere mich eben ein bisschen anders und merke mir Wege besser. Für Außenstehende ist das nicht nachvollziehbar.

Oft traut man Frauen mit Behinderungen eine Mutterschaft nicht zu. Hast du das auch erlebt?

Nein, das war bei mir zum Glück kein Thema. Wir leben am Land, da kennt man sich und da wussten alle, dass ich geburtsblind bin.

Glaubst du, dass es ein Vorteil für deine Kinder war, dass du selbst schon mit einer Sehbehinderung aufgewachsen bist?

Auf jeden Fall. Als man bei Veronika, unserem dritten Kind und erstmals eine Sehbehinderung festgestellt hat, habe ich mir schon zunächst Gedanken gemacht. Doch dann war mir schnell klar, mir geht es doch auch gut damit, wieso nicht auch ihr. Ich habe beschlossen, ihr alle Freiheiten zu lassen. Sie sollte anders aufwachsen als ich, nicht so behütet. Veronika ist genauso auf Bäume geklettert wie andere und natürlich hat sie sich dann mal die ein oder anderen blauen Flecken geholt, aber das gehört dazu. Man darf Kinder mit Behinderungen nicht in einen goldenen Käfig sperren. Je mehr man sie behütet und es gut meint, desto mehr behindert man sie.

Du sagtest, im ersten Moment nach der Diagnose von Veronika hast du dir schon Gedanken gemacht. Was hat dir in dem Moment geholfen?

Natürlich was das kurz eine Herausforderung, es gibt wohl keinen Menschen, den das kalt lässt. Ich habe dann eine Nacht darüber geschlafen und überlegt, wie man es am besten angehen kann. Für mich wurde dann schnell klar: Ich hab auch mein Leben und sie wird auch ihres haben. Außerdem gibt es jetzt viel mehr Hilfsmittel als früher, allein was das Smartphone für blinde und sehbehinderte Menschen alles kann.

Fährst du eigentlich auch Ski?

Ja, aber eher hobbymäßig einmal im Jahr. Ich sage mal so, man kommt den Hang runter (lacht).

Wie war das, als deine Kinder mit dem Skifahren angefangen haben?

Das ist nicht von heute auf morgen passiert, wir sind keine klassische Skifahrerfamilie. Die zwei Großen waren immer motivierte Skifahrer und hatten Skikurs am Semmering. Ich dachte mir, wenigstens sind die Kinder an der frischen Luft. Das Skifahren hat ihnen so viel Spaß gemacht, dass sie sogar die Skihauptschule in Lilienfeld besuchen wollten. Veronika und die Zwillinge sind dann schon von klein auf immer mit zum Semmering. Veronika war zwei, als sie das erste Mal auf Skiern stand. Wenige Monate davor konnte sie nicht mal krabbeln. Dann haben wir es ausprobiert, zum Glück mit einer guten Skilehrerin.

Gab es Hürden für die Kids beim Skifahren lernen?

Die Skihauptschule wollte unbedingt auch Veronika aufnehmen, man wusste aber zuerst nicht, dass sie schlecht sieht. Als das klar war, haben sie sich sehr für Barrierefreiheit eingesetzt, obwohl sie vorher nie mit einer blinden Schülerin zu tun hatten. Das hängt eben von den Lehrpersonen ab, ob sie sich drübertrauen oder nicht. Es ist eigentlich nichts Besonderes, aber viele haben Berührungsängste. Für die Zwillinge war es dann kein Thema mehr an der Schule. Wenn jetzt ein Kind mit Behinderung diesen Weg einschlagen will, kann die Schule damit umgehen.

Was würdest du frischgebackenen Mamas sehbehinderter Kinder sagen?

Sehbehinderte Kinder sind nicht krank, die sind genauso gesund. Vielleicht haben sie beim Sehen einen Nachteil, aber das ist kein Weltuntergang. Man soll die Kinder alles ausprobieren lassen was geht. Unsere Kinder sind dadurch komplett selbstständig. Als Veronika in der 2. Klasse Tennis lernen wollte, haben wir ihr das erlaubt. Hätten wir gleich gesagt, dass das nicht funktioniert, hätte sie das nicht akzeptiert. Nach ein paarmal spielen war die Freude bald vorbei, aber sie hat selbst herausgefunden, wo ihre Grenzen sind. Das ergibt für die Kinder mehr Sinn. Bei den Zwillingen war das nicht anders. Außerdem ist es wichtig, neue Wege zu erschließen, nicht nur für unsere Kinder. Auch andere Kinder mit Behinderungen nach uns sollen diese Möglichkeiten im Sport oder sonst wo haben. Wenn keiner anfängt, wird sich in 30 Jahren nichts ändern.

Gibt es etwas, das du dir aus staatlicher Sicht mehr gewünscht hättest?

Wir hatten hier zum Glück kaum Probleme. Was sich auf jeden Fall ändern muss, ist diese Bettelei um einzelne Hilfsmittel. Man hat doch so schon mehr Papierkram als Person mit einer Behinderung.

Was hast du für den heutigen Muttertag geplant?

Ich bin eigentlich kein Muttertags-Fan und habe nichts Spezielles geplant. Ich freu mich immer, wenn wir es schaffen alle zusammenzusitzen, aber das muss nicht genau heute sein.