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Hilfsmittel aus dem 3D-Drucker?

Schulungen & Projekte

Neue Technologien: Was 3D-Drucker künftig für blinde und sehbehinderte Menschen leisten könnten.

Wie können wir neue Technologien für blinde und sehbehinderte Menschen nutzen? Das beschäftigt die Hilfsgemeinschaft regelmäßig, auch bei einer Veranstaltung im November. Genauer gesagt geht es um den 3D-Drucker. Darunter versteht man ein Gerät, welches dreidimensionale Gegenstände ausdrucken kann. Wer sich das nicht genau vorstellen kann, stellt sich am besten eine Klebepistole vor. Je nach Marke des 3D-Druckers wird ein bestimmtes Material (z.B. Plastik oder Metall) erhitzt und geschmolzen, um es dann Schicht für Schicht in die gewünschte Form zu bringen. Am Ende hat man dann beispielsweise eine kleine Plastikschatulle oder eine vergrößernde Plastik-Lupe.

Was kann 3D-Druck für die blinde Community?

Im Rahmen der Podiumsdiskussion haben wir gemeinsam mit interessierten Mitgliedern sowie mit Expertinnen und Experten mögliche Anwendungsfelder diskutiert, in denen 3D-gedruckte Gegenstände für blinde und sehbehinderte Menschen sinnvoll zum Einsatz kommen könnten. Heraus kam: Bildung, barrierefreie Kunstvermittlung, Orientierungs- und Mobilitätstraining sowie individualisierte Hilfsmittel kann man sich vorstellen, mittels 3D-Druck zu unterstützen. Einer der Vorteile ist die kostengünstige Herstellung.

Tastbarer Unterricht

Dabei stellt man sich 3D-Druck nicht nur vor. Im Bundes-Blinden-Institut etwa wird er schon aktiv verwendet. Dort gibt es einen 3D-Drucker, der von einem Techniker bedient wird. Im Fach Kunst oder Geschichte beispielsweise nutze das Lehrpersonal gern die neue Technik, erklärt Leiter Horst Ganitzer, der einige Modelle mitgebracht hat, wie eine tastbare Venus von Willendorf und eine ägyptische Pyramide. Durch diese Gegenstände können blinden und sehbehinderten Kindern Inhalte taktil vermittelt werden.

Für ein anderes inklusives Bildungsprojekt in Zusammenarbeit mit Georg Regal vom AIT (Österreichisches Institut für Technologien) wurden beispielsweise auch taktile Würfel für Bewegungsspiele mit blinden und sehbehinderten Kindern entwickelt.

Kunst mit den Fingern erfahren

Kunst mit den Fingern erfahrbar machen war auch schon das Motto unseres vergangenen EU-Projektes ARCHES. Tastbare Reliefs, die jetzt im Kunsthistorischen Museum für barrierefreie Kunstvermittlung zum Einsatz kommen, wurden im Rahmen dieses Projektes entwickelt. Auch in unserem Folgeprojekt für barrierefreie Kunstvermittlung (BeauCoup) kommen diese zum Einsatz und machen Gemälde erfahrbar.

Individualisierung für den Alltag

Christiane Hauck, Leiterin der Beratung in der Hilfsgemeinschaft, sieht vor allem Potential im Hinblick auf die Individualisierbarkeit von Hilfsmitteln. Gerade blinde und sehbehinderte Menschen benötigen oft individuell angepasste Gegenstände, wie etwa taktile Knöpfe an der Waschmaschine oder an anderen Haushaltsgeräten, die bisher teuer in der Herstellung sind. Martin Mayerhofer von Videbis erzählt auch, dass sie Erfahrungen mit Brillenfassungen aus dem 3D-Drucker haben, die man durchaus auch individualisieren kann, zumindest je nach Verfügbarkeit von Vorlagen.

Bauanleitungen aus dem Internet

Als Basis für den Druck eines Gegenstandes dienen nämlich Druckvorlagen oder Schablonen, die wie eine Bauanleitung für den 3D-Drucker sind. Finden kann man diese Vorlagen auf großen Plattformen, wo begeisterte Tüftler:innen ihre selbst gestalteten Vorlagen hochladen. Auch die Hilfsgemeinschaft hat einige davon auf der Webseite. Darunter finden sich etwa: ein Braille-Alphabet, Mensch-ärger-dich-nicht-Figuren, eine Unterschriften-Schablone und ein Euro-Cash-Test für Scheine.

Es gibt auch Bausteine wie Autos, Straßen, Kreisverkehre und Ampeln, um taktile Pläne für Orientierungs- und Mobilitätstrainings herzustellen. Spannend wäre laut einem Mitglied auch ein Druck von Beschriftungen in Moon-Schrift, ein Schriftsystem zum Lesen vor allem für Menschen, die erst im Laufe ihres Lebens erblinden, da die Buchstaben denen des Alphabets für Sehende ähneln.

EU-Bildungsprojekt der Hilfsgemeinschaft

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projektes T4VIS-In3D statt, ein EU-Projekt der Hilfsgemeinschaft in Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungswerk Düren (DE) sowie weiteren Bildungseinrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen in Spanien, Dänemark, Italien und Bulgarien. Zwischen November 2020 und August 2023 wird daran gearbeitet, Lehrende für Menschen mit Seheinschränkungen sowie Schüler:innen selbst mehr mit dem Thema 3D-Druck vertraut zu machen, etwa in Form von Workshops und Trainings-Curricula.

3D-Druck als neue Jobperspektive?

Auch der Aspekt des 3D-Druckers oder der 3D-Druckerin als neues Berufsbild für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung war ein Diskussionsthema. Grundsätzlich wäre sowohl das BBI, als auch die Hilfsgemeinschaft interessiert, Ausbildungsmöglichkeiten für blinde oder sehbehinderte Menschen zu erarbeiten. Bislang sei die Ausbildung zur:zum 3D-Drucker:in noch nicht wirklich barrierefrei, erklärt Benjamin Aigner, der an der FH Technikum unterrichtet.

Auch Markus Hatzenbichler vom Technologie-Unternehmen FOTEC hat angemerkt, dass Produzenten für 3D-Drucker Barrierefreiheit bislang noch kaum im Fokus haben. Gerade die 3D-Drucker, die Metall verwenden, sind für Menschen mit Seheinschränkungen bislang noch sehr unsicher in der Handhabung. Die Hilfsgemeinschaft hat einen, der mit Plastik druckt. Gerne können Sie sich mit Ideen an uns wenden.

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