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Fragen zur Patientenverfügung

Beratung & Soziales

Wir stellen Juristin Mag. Ruth Kaltenbacher von der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) Fragen zur Patientenverfügung in der Praxis.

Moderne Medizin kann unser Leben verlängern. Aber wollen wir das um jeden Preis? Die meisten von uns wünschen sich Würde bis zuletzt, Schmerzbekämpfung und Respektierung ihres Willens, aber keine künstliche Verlängerung des Sterbens. Mit einer Patientenverfügung kann man medizinische Behandlungen ablehnen. Wir sprachen darüber mit der Juristin Mag. Ruth Kaltenbacher von der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA), die wichtige Fragen für uns beantwortet hat.

Pro und contra zur Patientenverfügung?

Kaltenbacher: „Sie können damit Ihr Leben für einen Zeitpunkt gestalten, zu dem Sie sich nicht mehr äußern können. Ob man das möchte, ist eine ganz persönliche Entscheidung. Ich spüre manchmal einen gewissen Gruppenzwang im Sinne von ‚Die ganze Familie hat eine Patientenverfügung. Ich sollte es auch machen, sonst habe ich meine Angelegenheiten nicht ordentlich geregelt.‘ Der Entschluss muss unbedingt freiwillig erfolgen und setzt die Auseinandersetzung mit Krankheit und dem eigenen Sterben voraus.“

Wie komme ich zu einer Patientenverfügung?

Kaltenbacher: „Bei Ärzten, der WPPA und online sind Formulare verfügbar. Das Herzstück einer Patientenverfügung ist die ärztliche Aufklärung. Im Beratungsgespräch werden auch Bedenken und Ängste erörtert. Ich erlebe Menschen nur dann unsicher, wenn das Arztgespräch nicht gut war. Der Arzt stellt sicher, dass der Patient die Folgen der abgelehnten Behandlungen zutreffend einschätzt und dokumentiert das Gespräch.
Wir unterscheiden verbindliche und beachtliche Patientenverfügungen. Beide haben Vor- und Nachteile. Die beachtliche PV gibt nur die Richtung vor – etwa die Ablehnung intensivmedizinischer Maßnahmen - aber sie lässt den Medizinern mehr Entscheidungsraum und eignet sich, wenn man zwar bestimmte Vorstellungen betreffend medizinische Behandlungen hat, aber doch auch ein Stück Entscheidungskompetenz an die Ärzte abgeben möchte.
Die verbindliche Patientenverfügung ermöglicht ein hohes Maß an eigener Kontrolle zu einem Zeitpunkt, an dem man sich nicht mehr äußern kann – der formulierte Wille ist so umzusetzen, als ob er aktuell vor dem Arzt geäußert worden wäre. Die Patientenverfügung muss daher sehr klar formuliert sein und nach dem Arztgespräch durch einen Notar, Rechtsanwalt oder Patientenvertreter geprüft und bestätigt werden.“

Wo liegen die Grenzen?

Kaltenbacher: „Man kann Pflege, wie das Anbieten von Nahrung und Flüssigkeit oder Körperpflege, nicht verhindern. Erste Hilfe: Ein Notarzt kann nicht nach einer PV suchen. Aber z. B. in einem Pflegeheim, in dem der Inhalt der PV bekannt ist, kann eine notfallmedizinische Behandlung, wie Reanimation nach einem schweren Schlaganfall, durchaus unterbleiben. Wünsche, etwa zu Hause oder in einem Hospiz zu sterben, sind nicht verbindlich.“

Was bewegt die von Ihnen beratenen Menschen am meisten?

Kaltenbacher: „Die Aufbewahrung. Ich empfehle, möglichst vielen Verwandten und Freunden Zugang zur Patientenverfügung zu geben, damit im Ernstfall jemand damit zu den behandelnden Ärzten geht.“

Sie haben dafür gekämpft, das auch blinde Menschen ihre Patientenverfügungen vor juristischen Vertretern der Patientenanwaltschaften errichten können.

Kaltenbacher: „In § 1 Notariatsaktgesetz steht: Folgende Verträge und Rechtshandlungen sind nur gültig, wenn sie in der Form eines Notariatsaktes errichtet werden: alle von Blinden in eigener Person errichteten Urkunden über Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Aber: Ein Notariatsakt ist nicht erforderlich, wenn der blinde Mensch ausdrücklich erklärt, auf die Einhaltung der Formvorschrift des Notariatsaktes zu verzichten. Dieser Verzicht kann vor der WPPA erklärt und die Patientenverfügung ohne Notariatsakt in der WPPA errichtet werden.“

Detaillierte Informationen, einen Ratgeber sowie ein Formular zum Download gibt es auf der Website der Stadt Wien (www.wien.gv.at) im Bereich „Gesundheit & Soziales“ unter „Gesundheitseinrichtungen“ auf den Seiten der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft.

Informationen
Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft
Schönbrunner Straße 108, 1050 Wien
Tel. 01/ 587 12 04
E-Mail: post@wpa.wien.gv.at