Barrierefreies Parlament

Das Parlament wurde saniert und eröffnet am Wochenende auch seine Türen für alle Interessierten. Im Rahmen der Sanierung wurde auch stark auf den Aspekt Barrierefreiheit geachtet. Prinzipiell muss man öffentliche Institutionen auch nicht dafür loben, dass sie ihr Haus und ihre Services an den aktuellsten Stand der Barrierefreiheit anpassen. Weil wir aber finden, dass hier viele guten Ideen dabei waren, die auch andere Institutionen oder Unternehmer:innen als Leitfaden für mehr Barrierefreiheit nehmen könnten, hier ein Überblick!

8 Punkte, die das Parlament für blinde bzw. sehbehinderte Menschen barrierefreier machen

Beratung von Interessensvertretungen

Nothing about us without us (deutsch: nichts über uns ohne uns) ist eine der Kernforderungen der Behindertenrechtsbewegung. Wer seine Institution oder sein Unternehmen barrierefreier gestalten möchte, sollte NGOs, Interessensvertretungen und selbst betroffene Personen von vornherein in den Prozess einbinden und fragen, was sie brauchen. Wir wurden, gemeinsam mit ÖZIV und weiteren Interessensvertretungen schon beim Planungsprozess eingebunden und haben unsere Expertise einbringen dürfen.

Wenn ihr auch eine solche Beratung für euer Unternehmen in Anspruch nehmen wollt, meldet euch bei: marano@hilfsgemeinschaft.at

Taktiles Bodenleitsystem

Auch baulich gibt es viele Maßnahmen, um den Besuch für blinde und sehbehinderte Personen so angenehm wie möglich zu gestalten. Im Fokus soll immer eine möglichst selbstständige Mobilität im Gebäude stehen. Ein taktiles Bodenleitsystem führt blinde und sehbehinderte Personen im Parlament vom Eingang zum Infopoint. Von dort aus können dann Mitarbeiterinnen weitere Wege anleiten oder Begleitung anbieten.

Taktile Pläne

Vielleicht kein Muss, aber auf jeden Fall sehr nützlich für die Orientierung – ein Lageplan, den man ertasten kann. Wie man es bei Einkaufszentren in Form eines Touch-Bildschirmes kennt, können sich blinde und sehbehinderte Personen auch ein besseres Bild von dem Gebäudeaufbau machen, wenn es einen taktilen Lageplan gibt. Im Parlament gibt es gleich mehrere: einen Lageplan für die Bibliothek, einen für das Besucher:innenzentrum und ein haptisches Modell des gesamten Gebäudes.

Barrierefreie Bibliothek

Barrierefreier Zugang zu Informationen und Büchern (durch Brailleschrift oder vom Screenreader erfassbaren Text) ist für blinde und sehbehinderte Personen noch lange keine Selbstverständlichkeit. Die Bibliothek des Parlaments hat in Punkto Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Personen einiges am Features: Die Themengebiete der Regale sind auch Braille-beschriftet, es gibt einen PC im Lesebereich für digitale Bestände mit Screenreader sowie ein vergrößerndes Bildschirmlesegerät für Bücher und Zeitungen, das von Menschen mit Sehbehinderung genutzt werden kann. Außerdem hat man die Möglichkeit Bücher und Texte zu scannen und sich vorlesen zu lassen und man kann sich einzelne Dokumente sogar in Braille ausdrucken lassen.

Taktile QR-Codes

CR-Codes mit weiterführenden Informationen, wie man sie oft in Museen finden kann, beispielsweise für Information in leichter Sprache oder Gebärdensprache sind eine tolle Sache. Wenn sie allerdings nicht taktil auffindbar sind, dann können blinde und sehbehinderte Menschen nur wenig damit anfangen. Für Haptik hat man bei den QR-Codes im Besucher:innenzentrum des Parlaments, das auch Museumscharakter hat und viele Informationen zur Geschichte des Parlamentarismus in Österreich bereitstellt, gesorgt. Über den QR-Code beim taktilen Lageplan beispielsweise erhalten blinde und sehbehinderte Personen auch kleinere Wegbeschreibungen zu anderen Räumen. Kann man sich abschauen!

Barrierefreie Website

Mit der Sanierung hat das Parlament auch eine neue Webseite gelauncht, die nach den internationale WCAG-Regeln (Standards für barrierefreie Websites) einem AA-Niveau entspricht (maximal zu erreichen wäre AAA). Auch dafür muss man das Parlament nicht unbedingt loben. Websites des Bundes sollten in Österreich schon seit 2019 im Zuge des Web-Zugänglichkeits-Gesetzes barrierefrei mit AA-Niveau sein.

Wenn ihr auch überlegt, eure Website oder digitalen Services wie Apps barrierefrei zu gestalten und dazu Fragen habt, meldet euch bei: werner.rosenberger@hgbs.info

Wegbeschreibung auf der Website

Was auf der Parlamentsseite noch kommen soll sind Wegbeschreibungen. Oft unterschätzt, aber gerade blinde und sehbehinderte Personen schauen sich vor einem Termin oder Besuch schon gern die Route im Detail an, wenn sie ohne Begleitperson kommen. Das erleichtert die Mobilität und beugt Unannehmlichkeiten auf dem Weg vor. Hier können Wegbeschreibungen auf den Websites unter dem Punkt „Anfahrt“ eine nützliche Infoquelle sein. Für blinde und sehbehinderte Personen kann es nämlich sehr wohl spannend sein, wie viele Meter von der Straßenbahnstation bis zum Gebäude sind, ob es am Weg taktile Bodenleitsysteme gibt, an denen man sich orientieren kann und wie viele Ampelübergänge zu bestreiten sind.

Sensibilisierungsschulungen

Ein ganzes barrierefrei gebautes Haus hilft nicht, wenn das Personal nicht auf die verschiedenen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen eingestellt ist. Sensibilisierung in Form von Schulungen für das Personal ist immer wichtig, um Personen bei Bedarf richtig unterstützen zu können. Das haben wir im Parlament auch gemacht, gemeinsam mit ÖZIV und weiteren Organisationen. Dort hat das Personal beispielsweise gelernt, wie man blinde Personen richtig führt und wie man je nach Augenerkrankung das Umfeld wahrnimmt.

Wenn ihr auch eine Sensibilisierungsschulung für euer Unternehmen in Anspruch nehmen möchtet, kontaktiert uns gern! Wir passen unsere Schulungen immer individuell an den Kontext an.