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Barrierefrei einkaufen

Barrierefreiheit

Studie: Der ÖZIV untersuchte die Barrierefreiheit der wichtigsten
Wiener Einkaufsstraßen und stellte erhebliche Mängel fest. Für blinde und sehbehinderte Menschen geht es dabei vor allem um zugeparkte taktile Leitlinien, fehlende farbliche Kontraste oder mangelnde Sensibilisierung des Personals in den Geschäften.

Bereits zum vierten Mal unter suchte der ÖZIV die Barrierefreiheit von Geschäftslokalen auf den wichtigsten Wiener Einkaufsstraßen. Besonderes Augenmerk wurde auf einen stufenlosen Zugang zu den Geschäftslokalen gelegt. Insgesamt wurden 2.326 Geschäftseingänge erfasst. Ergänzt wurde die Studie mit einer Online-Umfrage, die sich ausschließlich an Menschen mit Behinderungen richtete, welche die Wiener Einkaufsstraßen kennen und nutzen. 187 Personen nahmen an der Umfrage teil.

Keine Verbesserungen bei Barrierefreiheit seit 2018

Das Ergebnis der Studie insgesamt ist ernüchternd. Nur 41,7 Prozent der Geschäfte waren stufenlos zugänglich (Ergebnis vor 2 Jahren: 44,6 Prozent stufenlos), bei mehr als 15 Prozent der Lokale waren sogar zwei oder mehr Stufen zu überwinden. Im Vergleich zur letzten, im Jahr 2018 durchgeführten, Studie gab es damit keinerlei Verbesserung. Insgesamt waren die Zahlen sogar schlechter, dies ergibt sich aber in erster Linie durch die neu erhobenen Straßen.

ÖZIV-Präsident Rudolf Kravanja zu den Ergebnissen: „Es ist ernüchternd, dass es seit unserer ersten Studie aus dem Jahr 2014 so gut wie keine Verbesserungen bei der Barrierefreiheit gibt. Die Kommunen sind hier aufgefordert, entsprechende Initiativen zu setzen, um ALLEN Menschen ein barrierefreies Einkaufserlebnis zu ermöglichen.

Kein Rechtsanspruch auf Barrierefreiheit

Leider sind auch die rechtlichen Möglichkeiten eingeschränkt: Menschen mit Behinderungen können zwar Schlichtungen einleiten und bei Nicht-Einigung vor Gericht ziehen, aber einen Rechtsanspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit gibt es leider nicht. Hier ist auch der Gesetzgeber aufgefordert, weitreichende Verbesserungen zu schaffen. Sonst verbessert sich nie etwas!“

Schlusslicht Thaliastraße – Mariahilfer Straße Spitzenreiter

Die Studie brachte große Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Einkaufsstraßen zutage: in der Mariahilfer Straße das beste Ergebnis, gefolgt von Kärntner Straße/Graben, Favoritenstraße und Rotenturmstraße. Am letzten Platz landete die Thaliastraße.

„Der Gesetzgeber ist gefordert, Verbesserungen zu schaffen!“ Rudolf Kravagna, ÖZIV-Präsident

Apotheken besonders gut, Gastro und Körperpflege schlecht

Auch im Branchenvergleich zeigen sich erhebliche Unterschiede: Besonders gut waren wieder Apotheken platziert, dahinter folgten Banken/Post und Lebensmittelhandel. Unzufriedenstellend bleibt die Situation in der Branche Körperpflege/Friseure und in der Gastronomie. Auch die Ergebnisse der Online-Umfrage unterstreichen, dass es bei der Barrierefreiheit noch viel Luft nach oben gibt. Es bedarf hier vermehrter Anstrengungen der Einkaufsstraßen bzw. der Geschäfte, denn Menschen mit Behinderungen wollen überwiegend beim stationären Handel einkaufen.

Mehr Sensibilisierung für das Personal

Mit überwältigender Mehrheit (81,6 Prozent) berichten die Befragten über Diskriminierungs-Erfahrungen beim Einkauf und beschweren sich über die mangelnde Sensibilisierung des Personals. 87,5 Prozent wünschen sich aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen von den Geschäften bzw. vom Handel mehr Bewusstsein für Barrierefreiheit. Auch die Politik bzw. die Bezirke seien gefordert, mehr auf die Umsetzung von Barrierefreiheit zu drängen (84 Prozent).

Dabei ließen sich viele Mängel bei der Barrierefreiheit leicht beseitigen, und die Wünsche der Teilnehmenden der Umfrage sind keineswegs utopisch: Die überwiegende Mehrheit der Befragten wünschte sich ein sensibilisiertes und „ausreichendes Personal, sodass es Ressourcen für persönliche Unterstützung gibt.“ Damit könnte die Mehrzahl von Diskriminierungen verhindert werden. „Menschen sind ,barrierefreier‘ als Geschäfte – Schulungen wären noch zu intensivieren. Dadurch tritt Bauliches in den Hintergrund.“

Positivbeispiel Mariahilfer Straße

Bei der Umfrage wurde auch nach der besten barrierefreien Einkaufsstraße gefragt: Am häufigsten wurde die Mariahilfer Straße genannt (gesamt 50 Nennungen). Als ungenügend barrierefreie Straßen wurden die Josefstädter Straße, die Landstraßer Hauptstraße und die Thaliastraße identifiziert. Hier decken sich Studie und Umfrage ziemlich genau!

„Ich freue mich auf die verstärkte Zusammenarbeit mit dem ÖZIV!“ Klaus Höckner, stellvertretender Vorstand der Hilfsgemeinschaft

Mehr direkte Betreuung und weniger Hindernisse auf Leitlinien

Die Befragten machten in der Studie zudem viele Verbesserungs vorschläge bzw. wiesen auf Mängel hin: „Ich würde es cool finden, wenn es in Einkaufszentren Personen gäbe, die Menschen mit Beeinträchtigung oder alte Menschen bei ihrem Einkauf unterstützen würden“ und „Blindenleitlinien sind sehr oft Parkplätze für Lieferwägen, Werbetafeln, Fahrräder etc.“ sind dazu zwei exemplarische Aussagen.

Zusammenarbeit ÖZIV und Hilfsgemeinschaft

Der ÖZIV ist ein seit 1962 tätiger Behindertenverein, dessen Mitgliedsorganisationen selbstständige Vereine in den einzelnen Bundesländern sind. Der in Wien angesiedelte Bundesverband versteht sich als Interessenvertretung, die auch inklusive Angebote im Sinne der UN-Konvention umsetzt. Die rund 22.000 Mitglieder werden von Landes- und Bezirksorganisationen betreut, welche je nach regionalem Bedarf unterschiedliche Angebote haben.

ÖZIV-Präsident Rudolf Kravanja ist Mitglied im Aufsichtsrat der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, und Klaus Höckner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Hilfsgemeinschaft, ist Mitglied im Präsidium des ÖZIV. Die beiden Organisationen haben eine verstärkte Zusammenarbeit beschlossen, um durch gebündelte Synergien noch mehr Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen zu erreichen.