Akustikampeln künftig nur mit Euro-Key?
Mobilität
Akustische Ampeln sind für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmende überlebensnotwendig. In Wien sollen Akustikampeln jetzt nur noch mit Euro-Key bedienbar sein, um Defekte zu vermeiden. Die Hilfsgemeinschaft hat eine bessere Idee: Ampelpaten.
Bereits im Vorjahr machte das Komitee für Mobilität sehbeeinträchtigter Menschen Österreichs (KMS) auf ein Sicherheitsproblem im Verkehr aufmerksam. Das KMS zeigte sich besorgt darüber, dass in Wien mit der Errichtung von Ampelanlagen begonnen wurde, bei denen das akustische Signal, das blinden und stark sehbehinderten Menschen die Grünphase anzeigt, nur mittels Euro-Key oder RFID-Chip aktiviert werden kann.
Ampelanlagen mit Akustik für blinde Menschen
Die Blindenakustik (BLAK) ist für visuell beeinträchtigte Fußgänger geradezu lebensnotwendig, um sicher von einer Straßenseite zur anderen zu gelangen. In Wien sind rund 65 Prozent aller Verkehrslichtsignalanlagen mit dieser wichtigen Zusatzeinrichtung ausgestattet. Die bunten kleinen Kästchen an den Ampelmasten können durch das Auffindesignal, ein leises Tacken, auch von blinden Passanten lokalisiert werden. Durch Betätigen des Drucktasters an der Unterseite der Blindenampel-Tableaus wird das Freigabesignal aktiviert: Sobald die Ampel auf Grün schaltet, ertönt ein lautes, schnelles Tacken, das signalisiert: Jetzt kann die Straße sicher überquert werden.
Häufige Defekte bei Akustikampeln
So erfreulich die Tatsache ist, dass es in Wien rund 900 Kreuzungsbereiche mit BLAK für blinde und stark sehbehinderte Menschen gibt, so ärgerlich ist auch, dass diese häufig defekt sind. Denn die kleinen Kästchen an vielen Ampelmasten sind ein tolles „Spielzeug“: Wenn man unten draufdrückt, ertönt jedes Mal ein lustiger Piepston. Aber nicht nur Kinder und Jugendliche lassen es gerne und oft piepsen, viele Erwachsene betätigen ebenfalls die Blindenakustik, weil sie glauben, dass es dadurch schneller grün wird. Ein Irrtum, der dazu führt, dass die Drucktasten extrem rasch verschleißen und Defekte auftreten, durch die Mobilität und Sicherheit blinder Menschen gefährdet werden. „Wir fordern eine technische Ausführung analog zu vielen anderen Druckknöpfen, die laufend benutzt werden und nicht dauernd kaputt gehen. Bei normalen Bedarfsampeln sind die Anmeldetableaus ja auch nicht ständig schadhaft“, meint Elmar Fürst, Vorstandsvorsitzender der Hilfsgemeinschaft und derzeit auch Vorsitzender des KMS.
Im Jänner veranstalteten MA 33 und KMS einen Workshop zum Thema „Akustische Lösungen für Verkehrslichtsignalanlagen“. Man einigte sich grundsätzlich auf die Beibehaltung der Vorortauslösung (also ohne Hilfsmittel). Allerdings sollen die Drucktaster ab 2017 so konzipiert sein, dass man sie fünf Sekunden lang ständig gedrückt halten muss, um das Freigabesignal zu aktivieren. Über diese Verzögerung wird jedoch noch diskutiert, weil sie wahrscheinlich wenig daran ändern wird, dass die Drucktaster von sehenden Fußgängern missbräuchlich verwendet werden.
Initiative Ampelpaten
Damit daraus resultierende Defekte rasch repariert werden, hat Hubert Wagner von der Hilfsgemeinschaft bereits 2014 die Initiative „Blindenampel-Melder/in gesucht“ ins Leben gerufen: Freiwillige begehen in regelmäßigen Abständen vorgegebene Meldegebiete in ihren Wohnbezirken. Anhand von Checklisten werden mögliche Defekte erhoben und diese an die dafür zuständige MA 33 gemeldet. Seit dem Start im Juni 2014 haben ehrenamtliche Helfer 1.826 kaputte Blindenampel-Tableaus mit insgesamt 2.784 Defekten bzw. Funktionsfehlern gemeldet. 2016 wurden an den rund 900 Kreuzungsbereichen 631 kaputte Tableaus identifiziert, die 799 Fehler aufwiesen.
„Derzeit können wir mit 22 aktiven Blindenampel-Meldern rund 40 Prozent der 900 Kreuzungen und Übergänge mit BLAK in Wien regelmäßig begehen. Wir suchen immer noch Freiwillige, die monatlich etwa fünf bis sechs Stunden für uns tätig sein möchten. Sie erhalten von uns eine Einschulung sowie den Leitfaden für Blindenampel-Melder und eine gelbe Warnweste mit der Aufschrift ‚Wir geben Sicherheit‘. Mit doppelt so vielen Personen wie bisher könnten wir wahrscheinlich ganz Wien abdecken“, schätzt Hubert Wagner und freut sich auf Interessenten, die ihn unter Tel. 01 / 330 35 45-83 bzw. E-Mail kontaktieren möchten.